Die Gruppe braucht auch dich

Der eine kommt gelangweilt aus monotonen Tagen,
der andere ist vom Berufsstress noch ganz erschlagen,
ein Dritter ist fröhlich, locker, zufrieden, entspannt,
ein Vierter kommt in letzter Minute noch angerannt.
Der eine braucht drei Kaffee, dann wird er erst locker,
den anderen zieht´s erst mol magisch auf den Küchenhocker.
Im dicken Nebel von vielen Zigarettensorten,
dort kann er in Ruh seinen Standpunkt verorten.
Wenn er erst einmal in dem Rauchqualm war,
dann sieht er sei' eigene Situation wieder klar.
Sein Nikotinspiegel wird vor´m Gruppengespräch noch geregelt,
bevor er mit den anderen in den Gruppenraum segelt.

Und dann sitzen wir da in unserem Kreis
und horchen erst mal, wer was Neues weiß;
wen immer noch seine uralten Probleme quälen,
wer das Bedürfnis hat, von seinem Ergehen zu erzählen.
Mir sind gespannt, wer was Schönes zu berichten hat,
bei wem es schief lief und und bei wem alles glatt.
Und es kann unsere Stimmung meistens heben,
wenn wir der Gruppe Anteil an unserem Ergehen geben.
Mal horchen wir zu, mal könne mir´s nemme höre,
mal akzeptiere mir alles, mal müsse mir belehre,
mol sind mir tolerant, mol diskutiere mir heftig,
dann fliege die Fetzen, dann sage mir´s deftig.
Dann sind mir wieder sensibel und richtig zahm;
mir diskutiere bedächtig und einfühlsam.

Mol sin mir tiefernst oder hoch psychologisch,
mol rede mir Schwachsinn, s ist gar nix mehr logisch.
Mol sind mir gut druff und mir lache, dass es schallt -
beim nächste Mol lasst uns der beste Witz kalt.
Mir pflege Depressionen, schwelge im Schmerz über die Welt,
mir jammere über den Chef und klage wegem Geld,
mir träume von der Liebe und sind ganz selig,
mir gebe uns kumpelhaft, weltoffen, gesellig.
Manchmal heule mir jämmerlich, versinke in Tränen -
beim nächste Mol isch´s Gespräch dann wieder zum Gähnen.

So schlage mir uns durch in unserer Gruppe;
im Grund sind mir doch e´ganz gute Truppe.
Aber ehrlich, wenn wir auf unsere Nachbargruppe schauen,
dann merken wir schnell, uns fehlen die Frauen.
Die Schönheit, die Anmut, das zarte Wesen
wär auch für uns eine echte Bereicherung g´wesen.
Was unserer Gruppe fehlt, wenn ich so richtig drauf schau
isch der mütterliche, fürsorgliche Charakter der Frau.
Und trotzdem sind wir guter Dinge,
mir hen jo schließlich noch unsere Inge.
Die werden wir weiter verwöhnen, auf Händen tragen.
Bei so viel Frau müssen mir uns net wirklich beklagen. 

Und mancher von unseren gestanden Kerle
hat ein weiches Wesen, isch an Zartheit e´ Perle.
Mir lasse uns Anteil haben an den innersten Gefühlen
und lassen die anderen auch emol in unserer Seele wühlen.
Und auch wenn die Kommentare net immer nur entzücken -
mir helfen uns aus, mir stärke uns de Rücken.
Des Ziel isch doch, auch wenn wir uns manchmal reiben,
dass mir stabil und abstinent und trocken bleiben.
Und dazu macht uns die Gruppe stets Mut
und deswege isch´s im Freundeskreis gut,
dass mir auch im neue Jahr zusammen stehn
und durch dick und dünn miteinander gehen.

Die Gruppe ist wichtig, jeder einzelne zählt.
Ich finds immer schade, wenn einer plötzlich fehlt
oder abhängt, schlampert oder einen Rückfall baut,
und dann erst mal nicht mehr nach der Gruppe schaut.
Denn das stimmt doch ganz sicherlich.
Nicht nur du brauchst die Grupp`, die Grupp` braucht auch dich.

Harald Becker