Antrittsrede Dieter Engel

Liebe Freundinnen und Freunde,

vielen Dank für das Vertrauen, dass ihr mir entgegengebracht habt.

Ich sage euch ganz ehrlich, das hätte ich, vor nun ziemlich genau 17 Jahren, als ich das erste Mal die Freundeskreisräume in der Adlerstraße betrat, nie gedacht und es war auch nie mein Ziel an vorderster Front mich für den Freundeskreis zu engagieren.

Aber so vieles kommt im Leben ja oft anders, mal aus Vernunftsgründen, mal aus Unvernunft, mal von außen bestimmt, also Fremdbestimmt, mal aus Überzeugung und mal aus Pflichterfüllung, aus Verantwortungsbewusstsein verbunden mit Dankbarkeit. Nur so kann ich es mir erklären, dass ich nach langem Zögern mich für diese Aufgabe des 1. Vorsitzenden zur Verfügung gestellt habe.

Wohl aber auch mit der Gewissheit, dass der neue Vorstand überwiegend aus tatkräftigen vorstandserfahrenen Freunden/Innen besteht und engagierte neue Vorstandsmitglieder hinzugekommen sind.

Besonders freut mich, dass ich auf die umfassenden Kenntnisse von Lutz, was unseren Verein und die gesamte Suchtkrankenhilfe betrifft, zurückgreifen kann und er sich weiterhin in der Vorstandschaft zur Verfügung stellt. Mit der Hilfe aller werde ich nun versuchen mich in meine neue Aufgabe/Position einzuarbeiten und mir das nötige know how anzueignen.

Ich habe mit Conny und Lutz zwei Vorgänger die in ihrer Ära große Fußstapfen hinterlassen haben. Meistens klappt es nicht, wenn man in diesen weiterlaufen möchte. Klar ist, der Weg ist vorgegeben, aber der Weg ist auch breit und ich muss daher meine eigene Ideallinie finden.

Als Marathonläufer weiß ich, dass es gar nicht so einfach ist die Ideallinie immer einzuhalten, da wird man abgedrängt, da trifft man plötzlich auf Hindernisse, da wird man zum Stolpern gebracht oder man kommt aus dem Rhythmus, außer Atem, zweifelt an sich selbst.

Da heißt es dann sich selbst zu motivieren und an die eigene Stärke zu glauben.

Alle zusammen sind wir doch ein großes Puzzle, denn jeder von euch ist ein Teil, das gebraucht wird. Ihr habt heut die Eckteile des Puzzle neu gewählt, die zusammen mit allen Vorstandsmitgliedern, Gruppenleitern und sonstigen mit Aufgaben betrauten Mitgliedern den Rand (Rahmen) des Puzzle darstellen. Man fängt ja meistens mit dem Rand an, aber jeder weiß auch, wenn der Rand fertig ist, darf man nicht ungeschickt dran kommen, sonst verschiebt sich das ganze oder bricht sogar auseinander.

Wichtig ist also,  dass alle Puzzleteile die jetzt noch außen herum verstreut liegen, schnell in das Puzzle eingefügt werden, damit es stabil wird und man erkennen kann, was es darstellen soll. Genauso wichtig ist, dass jeder von euch seinen Platz im Freundeskreis findet, dass nur mit jedem von Euch der Freundeskreis ein ganzes ist.

Jeder hat im Freundeskreis die Möglichkeit seinen Platz zu finden und sich wie ein Puzzleteil zu verankern, mit den anderen zu verzahnen. Nur alle gemeinsam sind wir ein stabiles Ganzes und finden Halt.

Das besondere am Freundeskreis ist, dass aber jeder die Möglichkeit hat, im Gegensatz zum Puzzelteil, seine Stelle im Freundeskreis zu verändern, mal in der Mitte geborgen, mal am Rand um den anderen Halt zu geben, mal etwas Platz für Neue zu schaffen und diesen helfen sich in unserem großen Puzzle wohl zu fühlen.

Es kommt also nicht nur auf die Eck und Randteile an, sondern auf alle Freunde und das tolle ist, der Rahmen unseres Freundeskreises kann durch engagierte Mitglieder jederzeit erweitert werden und nur dadurch gibt es auch in der geborgenen Mitte wieder Platz für neue suchtkranke Menschen.

Bleibt also am Ball, schaut wie ihr euch, wenn auch im kleinen engagieren und einbringen könnt. Es wird euch gut tun!

Man darf kritisieren, Missstände oder Mängel aufzeigen, auf Probleme aufmerksam machen, auch mal nur motzen (auf gut badisch gesagt), aber es sollte dabei die Kultur einkehren, dass man zu dem was einem nicht recht erscheint einen Lösungsansatz bereit hat. Denn daraus kann man erkennen, dass Mann oder Frau sich mit dem Problem beschäftigt hat und bereit ist an einer Veränderung mitzuwirken.

Das würde allen Betroffenen das Leben erleichtern, das Zusammenleben im Verein entspannter gestalten und dem Wohle des Freundeskreises dienlich sein.

In diesem Sinne wünsche ich mir eine gute Zusammenarbeit, werde gerne ein offenes Ohr für euch haben und hoffentlich nicht vergessen was ich hier gelernt habe, dass ich als suchtkranker Mensch auch mit mir achtsam umgehen muss.

Bevor ich jetzt die Versammlung schließe, möchte ich noch einen Gedanken unseres neuen Bundespräsidenten, Herrn Gauck , sein Leitmotiv aufgreifen.  Jeder weiß, das ist die Freiheit, welche er nicht immer in seinem Leben in Anspruch nehmen konnte. Auch wir waren jahrelang unfrei, in unserer Sucht gefangen. Wir haben die Freiheit erreicht, dürfen aber nach seinen Worten nicht leichtsinnig mit der Freiheit umgehen, denn sie ist keine Selbstverständlichkeit, sondern für sie muss man immer arbeiten und kämpfen und nicht vergessen wie es ohne sie war. In diesem Sinne wünsche ich euch ein Leben in Suchtfreiheit, einen schönen Sonntag und einen guten Nachhauseweg.