Freundeskreis für Suchtkrankenhilfe Karlsruhe e.V.

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Weihnachtsansprache Dieter Engel 2018

In den letzten Monaten hat mich das Davidprojekt 2018 unter der Leitung unseres Stadtkirchenpfarrers Dirk Keller, bei einigen Veranstaltungen, welche ich besucht habe, zu einem fasziniert, aber auch zum nachdenken gebracht. Das Davidprojekt stand unter dem Motto „Liebe – Mut und Gottvertrauen“. Die meisten werden ja von der Geschichte des unerschrockenen Hirtenjungen, der überraschend den Riesen Goliath besiegte, gehört haben. Ein Unterfangen, das niemand für möglich gehalten hätte aber doch so eingetreten ist.

Sind wir nicht oft in der Situation des kleinen Hirtenjungen und stehen den mächtigen Goliaths unserer Zeit vermeintlich chancenlos gegenüber? Mit was müssen wir heute den oft aussichtslosen Kampf aufnehmen?Da stehen die Überforderung und der Stress am Arbeitsplatz im Raum, denn wenn man sich dagegen auflehnt, ist der Job in Gefahr, verbunden mit finanziellen Problemen für die Familie. Da gibt es die Altersarmut, den Pflegenotstand, bezahlbare Wohnungen für Familien mit Kindern, die Digitalisierung der wir uns nicht gewachsen fühlen, den Klimawandel und die Umweltverschmutzung um nur einige mächtige Goliaths zu nennen. Lassen wir uns nicht entmutigen, nehmen wir den Kampf auf, jeder auf seine persönliche und machbare Weise und vielleicht gelingt auch uns kleinen Davids einmal der große Wurf.

Aber wir wären nicht im Freundeskreis, wenn wir nicht mit vielen persönlichen Goliaths zu kämpfen hätten. Ich denke die meisten werden sich noch gut daran erinnern, wie sie als suchtkranker David, auch wenn man sich das zu dieser Zeit noch nicht eingestanden hat, oder als Angehörige eines solchen Davids, stets in Deckung blieb und Angst davor hatte, den Kampf gegen den Goliath Suchtmittel aufzunehmen. Es war keine Niederlage, sondern der erste kleine Sieg, als wir aus unserer Deckung hervorkamen und einen Kampf aufnahmen, von welchem wir meistens so gut wie nichts wussten, was er von uns fordert oder gar wie er sich darstellen oder ausgehen wird. Viele von uns mussten bis zum heutigen Tag viele Rückschläge hinnehmen und dennoch sitzen wir heute hier zusammen und freuen uns in den Kreisen von Freunden und Freundinnen über ein paar vorweihnachtliche besinnliche Stunden. Ich weiß, dass man unseren Goliath nicht ganz besiegen kann, aber auf Dauer ihn in Schach halten, das können wir gemeinsam schaffen. Bleiben wir dazu wachsam und verlieren wir nicht gegen die Goliaths Trägheit, keine Lust oder Zeit, Übermut und Sorglosigkeit und kommen nicht mehr regelmäßig zu den Gruppengesprächen oder anderen Angeboten der Freundeskreise. Die Mächtigen verlieren nicht gerne gegen die Kleinen und ein Suchtmittel gehört nun mal für uns zu den mächtigen Dingen auf dieser Welt. Wir werden in diesem Konsens immer der David bleiben, auch wenn wir das Gefühl haben, wieder groß und stark geworden zu sein.

Aber es gibt noch viele weitere persönliche Goliaths in uns, die uns mal mehr oder weniger belasten. Ich denke da an die Gefühle von Unsicherheit, Angst, Scham, Wut, sich nicht zu trauen, nicht öffnen zu können, eigene Geheimnisse oder Familiengeheimnisse mit sich herumtragen zu müssen. Wenn jeder in sich hinhört, wird er sicher diese kurze Aufzählung problemlos verlängern können. Geht auch hier den Kampf an und zwar in einer geschützten Runde, wo lauter kleine Davids sitzen, bei uns im Freundeskreis. Wir haben das Glück, dass wir Freunde und Freundinnen an unserer Seite wissen und daher nicht allein kämpfen müssen, so wie es David musste, da er von seinen 7 älteren Brüdern im Stich gelassen worden ist.

Liebe, Mut und Gottvertrauen lautete das Davidmotto. Liebe oder etwas anders ausgedrückt – Geborgenheit- kann jeder im Freundeskreis finden. Geborgenheit in der Gruppe von Menschen mit gleichem oder ähnlichem Lauf des Lebens, Problemen oder Unsicherheiten. Geborgenheit wird auch als Zustand des Sicherheit- und Wohlgefühls empfunden, was mit Wärme, Ruhe, Nähe und Frieden verbunden ist.

Mut wird in Freundeskreisen zugesprochen, wird vorgelebt, jeder wird ermutigt, seinen Mut wieder zu finden um den Unwägbarkeiten des Lebens wieder besser standzuhalten. Den Mut aber aufbringen und die Veränderung herbeiführen, dass muss jeder selbst in die Hand nehmen.

Ganz schwer ist natürlich wieder Vertrauen zu erlangen. Das Vertrauen der anderen Menschen, aber auch das Vertrauen zu sich selbst. Ein Weg kann selbstverständlich für viele Menschen das Gottvertrauen, bzw. das Vertrauen auf eine höhere Glaubensinstanz sein, denn die Freundeskreise sind für alle Menschen offen. Viele Freunde und Freundinnen haben über diesen Weg die Kraft für das in Schach halten des Goliaths bekommen und wir feiern ja aus diesem Grunde auch bald das Weihnachtsfest.

Vertrauen ist aber auch ein wichtiger Faktor beim Freundeskreis und in der Gruppe. Wer Vertrauen hat, der traut sich auch etwas. Der lässt seine Gruppenmitglieder an seinem Inneren, an seinem Herzensschmerz und Herzensfreude teilhaben und macht sich dadurch Luft und nimmt sich ein Teil seiner Last, besiegt ein Teil des inneren Goliaths. Dazu ist aber ganz wichtig, dass Vertrauen nicht missbraucht wird und man sich auf die Vertraulichkeit des Einzelnen und der Gruppe verlassen kann. Vertrauen auf sein eigenes Tun hatte David gewiss, als er Goliath unerschrocken gegenübertrat.

Aber auch wir als Institution Freundeskreis sehen uns oftmals in der Rolle des David. Wir müssen vielleicht nicht mehr soviel kämpfen wie in früheren Jahren, aber es stellen uns auch immer wieder mal Goliaths in den verschiedensten Ausprägungen in den Weg. Mit Liebe, das ist dann der Zusammenhalt der Beteiligten Personen, mit unserem Mut und dem Vertrauen auf unsere Fähigkeiten gehen wir die Probleme an und erreichen dadurch oft unser Ziel. Wobei man nicht immer nur Schwarz oder Weiß sehen kann, denn auch gangbare Kompromisse fühlen sich manchmal sehr gut an.

David hatte aber auch viele andere Facetten, in denen wir uns heute leicht wiederfinden. Er war nicht nur der siegreiche Hirtenjunge, dessen Geschichte uns meistens geläufig ist, sondern er hatte seine Zweifel, seine Liebesaffären und Freundschaften, den Stress mit seinen Söhnen. Er liebte die Muse und den Kampf, erlebte Schwermut und Ekstase genauso wie ein persönlicher Aufstieg und das klägliche Scheitern. Ein Mensch der heute in unserer Runde sitzen und einer von uns sein könnte. Denken wir an ihn, wenn wir mal wieder vor einem schier unüberwindbaren Goliath stehen, in welcher Art und Weise dies auch sein sollte.

Nehmen wir heute die Motivation von Liebe, Mut und Gottvertrauen mit und ich bin mir sicher, in der einen oder anderen Situation wird sie uns weiterhelfen.

Ich wünsche euch noch eine möglichst stressfreie Adventszeit, ein besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Dabei hoffe ich, dass ich mit vielen von euch gemeinsam das Jahr 2019 begrüßen kann und ihr zu unserem 3. Alkoholfreien Silvesterball in die Mannheimer Jugendkirche kommt

Dieter Engel